Sprachwandel ist nicht gleich Sprachverfall: Warum Sprachverfallsangst aus sprachwissenschaftlicher Sicht unbegründet ist

Hinweis zum Zitieren

Sprachwandel ist nicht gleich Sprachverfall: Warum Sprachverfallsangst aus sprachwissenschaftlicher Sicht unbegründet ist
Maria Lange & Yue Ma. 2023.
https://www.sprache-und-gendern.de/beitraege/sprachwandel-ist-nicht-gleich-sprachverfall (abgerufen am 02.10.2024)

Bitte beachten Sie: Die Beiträge dieser Website sind lizensiert unter der    Creative Commons Attribution 4.0 International License | Impressum

Die Sorge um Sprachverfall ist kein neues Thema und bezieht sich auch nicht nur auf ‚die Gendersprache‘. Vielmehr kann jegliche Abweichung vom etablierten Standard, wie z.B. schlechte Orthografieleistungen oder die vermehrte Verwendung von Anglizismen, als ‚Sprachverfall‘ wahrgenommen werden (Mell/Hein 2013, 10 und Polenz 1994). Als Bedrohung für die überlieferte ‚gute‘ deutsche Sprache wird dann alles bezeichnet, was dem jeweiligen Sprachideal nicht entspricht (oft ist das Sprachideal der eigene Sprachgebrauch oder die eines historischen Vorbildes, vgl. Keller 2004).

In diesem Beitrag stellen wir die sogenannte diachronische Perspektive der Sprachwissenschaft auf Sprache dar. Wir erklären, warum aus dieser Perspektive keine Sorge besteht, dass Sprachen durch sprachliche Neuerungen wie die verschiedenen Vorschläge zu geschlechtergerechter oder diversitätssensibler Sprache (Näheres s. https://padlet.com/GenderstereotypeDigital/wfvtsozx389md2sl) verdorben werden können oder gar komplett verfallen (die betreffenden Vorschläge werden in medialen Debatten oft als ‚Gendersprache‘ oder ‚Gendern‘ zusammengefasst oder als ‚Genderismus‘ beschimpft).

Diachronische Perspektive auf Sprache

Wenn wir Aspekte einer Sprache im Verlauf einer gesetzten Zeit beleuchten, sprechen wir von einer diachronischen Perspektive auf Sprache. Die Betrachtung mit historischem Abstand und über einen Zeitraum hinweg ermöglicht eine distanzierte Wahrnehmung sprachlicher Veränderungen, aus der wir auch Einsichten über die jeweilige Gegenwart gewinnen können (die Alternative synchronische Perspektive betrachtet einen festen Zeitpunkt). Anhand der geschichtlichen Entwicklung der deutschen Sprache soll im Folgenden gezeigt werden, dass die Sprache durch den Wandel über einen langen Zeitraum hinweg ein völlig anderes Aussehen bekommen hat, ohne dass sie heute als ‚verfallen‘ bezeichnet würde.

Zur Entwicklung ‚der‘ deutschen Sprache

Die Untersuchung ‚der‘ deutschen Sprache beginnt mit der Periode des Althochdeutschen etwa um 500 nach Christi Geburt. 

In der Tabelle von Wilhelm Schmidt (2000) sind mittig die Perioden des Deutschen abgebildet, während links eine Einteilung nach historischen Gesichtspunkten erfolgt. Als wichtiger Kontext des Hochdeutschen ist rechts die Periodisierung des Niederdeutschen angegeben, da Niederdeutsch zeitlich und räumlich parallel vorkommt (wenn auch abnehmend; Näheres s. http://www.vnds.de/). Aus dem frühen Mittelalter, der althochdeutschen Zeit, gibt es wenige schriftliche Überlieferungen. Oft haben wir nur althochdeutsche Textfragmente, etwa in Form von Kommentaren oder Erklärungen in lateinischen Texten, sogenannten Glossen.

Bereits bei dieser Periodisierung wird die Bedeutung von sprachlichen Kontexten ersichtlich: So wie einzelne Wörter ihre Bedeutung je nach dem Zusammenhang verändern oder erst erhalten (deutlichstes Beispiel sind Homonyme, auch ‚Teekesselchen‘ genannt), stehen auch die Sprachen selbst nicht im leeren Raum. Sie stehen in komplexen Kontexten, die zur gegenseitigen Beeinflussung bis hin zum Austausch von Elementen führen (Wörter, Redewendungen, Satzstrukturen, Aussprache, …). Selbst räumlich scheinbar völlig getrennte Sprachgebiete können Impulse anderer Kulturen und Sprachen erhalten. Ein Beispiel aus einem weit entfernten Sprachraum liefert das auf Inseln gesprochene Japanisch, das trotz räumlicher Isolierung dennoch durch Chinesisch und Koreanisch beeinflusst wurde.

Der weite Weg zum heutigen Deutsch: Germanisch, Runenschriften, linksläufige Schrift

Vor dem Althochdeutschen liegende Sprachstufen werden als Germanisch zusammengefasst, wobei überlieferte Textbruchstücke rar sind. Das – übrigens umstrittene – älteste germanische Schriftbeispiel ist die Runen-Inschrift des Bronze-Helm B aus dem Helmdepot von Negau (dies gehört Harigast oder dem göttlichen Gast des Heeres). 

Dieses ca. 2200 Jahre alte Textstück liegt an den Anfängen unserer deutschen Sprache. Es ist für uns völlig fremdartig – geschrieben wurde mit einem fremden Alphabet (rätische oder venetische Runen), und selbst die Schreibrichtung ist eine andere als unsere: Es handelt sich um eine linksläufige, also von rechts beginnende, Schrift. Althochdeutsch und Mittelhochdeutsch verwenden die uns bekannte rechtsläufige Schrift, aber auch sie erschließen sich erst nach langem Studium. Wer im Schulunterricht einmal ein mittelhochdeutsches Gedicht kennengelernt hat, wird dies bestätigen können.

Sprachwandel kann Verständnisschwierigkeiten hervorrufen

Sprachwandel passiert nicht konstant oder geordnet. So variiert beispielsweise die Geschwindigkeit, mit der sich unterschiedliche Aspekte von Sprache wandeln. Alphabete sind extrem stabil, der Wortschatz einer Sprache verändert sich äußerst schnell. Dazwischen liegen etwa Aussprache, Wortstellung, Wortbildung usw. Durch die Schnelligkeit, mit der sich Wortbestand und Wortbedeutungen ändern, kommt es dazu, dass sogar das genaue Verständnis von neuhochdeutschem Vokabular der jüngeren Vergangenheit einiges Vorwissen abverlangen kann. Dies wird an folgendem Beispiel aus der deutschen Umgangssprache des letzten Jahrhunderts deutlich, dem Bratkartoffelverhältnis. Zumindest jüngere Menschen ohne spezielles Interesse an der Alltagsgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts dürften sich schwertun zu verstehen, was das überhaupt ist. 

Nach dem Ersten Weltkrieg bezeichnete dies eine Zweckbeziehung zur gemeinsamen Versorgung und Unterkunft. Ein Mann und eine Frau lebten zusammen, auch wenn sie keine Beziehung hatten. Nach dem 2. Weltkrieg verengte sich die Bedeutung auf Beziehungen zwischen heimgekehrten Kriegsgefangenen und Witwen, die in wilder Ehe zusammenlebten, um nicht durch Heirat die Witwenrente zu verlieren (Näheres s. Wikipedia, Stichwort Wilde Ehe und vgl. Ejikhine 2006, Küpper 1987). Heute wird das Zusammenleben ohne Heirat nur noch selten gesellschaftlich kritisiert; rechtliche Sanktionen sind gar nicht mehr zu fürchten.

Sprachphänomene entstehen, konkurrieren mit anderen, setzen sich fest oder verschwinden

Ausdrücke wie Bratkartoffelverhältnis entstehen aus der jeweiligen Zeit heraus und sind durch ihren sozialen Kontext bedingt. Wörter, die wenig gebraucht werden, können auf diese Weise verschwinden und sind irgendwann nur noch sprachhistorisch von Belang. Im Online-Duden wird beispielsweise die Frequenz des Wortes Bratkartoffelverhältnis als ‚niedrig‘ angegeben (d.h. das Wort ist durchschnittlich seltener als einmal in einer Million Wortformen des Dudenkorpus belegt). Wenn das Bratkartoffelverhältnis nicht bald neuen Gebrauch findet, etwa in einer populären Textform und mit einer leicht veränderten Bedeutung, als Sprichwort oder einem neuen Kontext, wird es mangels Verwendung aus dem Lexikon verschwinden. Findet es eine neue Bedeutung, ist trotzdem noch nicht gesagt, dass es sich wieder in der Standardsprache etabliert. Genauso gut könnte das Wort auch ausschließlich in einer bestimmten Gruppe bzw. einem Medium Verwendung finden, etwa als Begriff einer Sonder- oder Fachsprache.

Genderbewusste Sprache ist ein anschauliches Beispiel für Sprachwandel, der durch Gesellschaftswandel angeregt wird

Besonders gut ersichtlich wird das Wirken von Sprachwandel in unserer Gegenwart an genderbewusster Sprache. Als ein wichtiges Mittel zum Ausdruck menschlicher Wertschätzung wird sie von unterschiedlichen Personengruppen so verwendet, dass sie zu deren Wunsch nach gleichberechtigter Ansprache und diskriminierungsfreier Kommunikation über Personen passt. Es kommt dabei sowohl zu Auswahl aus den bestehenden sprachlichen Mitteln, als auch zu kreativen Neuschöpfungen. Letztere sind besonders sichtbar und rufen daher verstärkt Kritik hervor. Was bei dieser Kritik oft angesetzt wird, ist ein Verständnis von Sprache als konstant und homogen. Beides ist Sprache nicht (selbst ein Sprachvorbild wie Goethe hat sprachlich eine persönliche Entwicklung durchgemacht und passte natürlich auch seine Sprache den jeweiligen Zwecken und Kontexten an).

Da der Wunsch nach Gleichberechtigung der Geschlechter gesamtgesellschaftlich unterstützt wurde, begannen im vergangenen Jahrhundert entsprechende sprachliche Entwicklungen. Bis dahin seltener benutzte sprachlichen Möglichkeiten, wie die explizite Nennung von Frauen in Doppelformen (Arbeiterinnen und Arbeiter) oder die vermehrte Verwendung von Neutralformen (Studierende), fanden anstelle von generisch gemeinten Maskulina verstärkte Nutzung. Zu ihrer Zeit konträr diskutiert, sind diese heute weitestgehend akzeptiert. Später entstandene Formen stehen nun stattdessen im Kreuzfeuer der Kritik bzw. werden intensiv diskutiert, während gleichzeitig immer neue Varianten aufkommen. Es herrscht ein Chaos vielfältiger möglicher Optionen. Eine der vielen fachwissenschaftlichen Debatten die parallel zu dieser Entwicklung ablaufen, bestätigt dies. Sie dreht sich um die Frage, welcher übergreifende Terminus die Gesamtheit der auffindbaren Phänomene am treffendsten benennen kann (geschlechtergerecht, gendergerecht, gendersensibel, diversitätssensibel, neutral …).

Über eine große Auswahl an Mitteln zu verfügen, macht Sprachen flexibel und anpassungsfähig

Zusammenfassend kann man sagen: Sprachen funktionieren nur, wenn sie anpassungsfähig sind. Weil sich die Ansprüche an die Sprache ändern (sei es durch neue Situationen oder Erfindungen, durch sozialen Wandel oder individuelle Bedürfnisse), wandelt sich die Sprache mit. Dies geschieht auf allen möglichen Ebenen und deshalb existieren verschiedene Varianten nebeneinander in verschiedenen Texten, Medien, Gruppen usw. Alles Brauchbare aus neuen Quellen (etwa der Jugendsprache, Kontaktsprachen, populären Medien) wird in die sprachliche Matrix aufgenommen und ihr – unter Umständen bis zur Unkenntlichkeit verändert – einverleibt (vgl. u.a. Barbe 2004). Dies trägt zur Vielschichtigkeit und Flexibilität von Sprachen bei und bereichert sie. 

Dass für das Verständnis oft Kontextwissen erforderlich ist, bleibt dabei nicht aus. Nicht alle sprachlichen Bereiche werden von allen Sprechenden einer Sprache genutzt. Menschen, die gerne kochen, lernen ebenso schnell, was pochieren oder Julienne schneiden heißt, wie beim Benutzen von Computern gelernt werden muss, was mit Datenkompression oder mit portieren eines Programmes gemeint ist. Abgesehen von solchem nicht allgemeinverständlichen Fachvokabular ist es durchaus normal, sprachlich mehrere Möglichkeiten zur Auswahl zu haben. Wir sehen das deutlich in verschiedenen Registern bzw. regionalen Varietäten (formal: Guten Tag, umgangssprachlich: Hallo, regional: Moin oder Grüß Gott …). 

Eine homogene, reine und konstante Sprache wäre weder sinnvoll noch überlebensfähig

Die Abwegigkeit von Forderungen nach ‚Reinheit‘ von Sprache wird an unserem Wortschatz besonders gut deutlich, bereits beim Buchstaben A: Amok stammt aus dem Malayischen, Apfelsine aus dem Niederdeutschen, Algorithmus ist der entstellte Name des berühmten arabischen Mathematikers Al-Hwarizmi etc. (vgl. Kluge 2012). Sprachen existieren, wie die sie Sprechenden, nicht im Vakuum, sondern in Nachbarschaft oder in Mehrsprachigkeitssituationen sogar am selben Ort miteinander (s.o.: Nebeneinander von Hoch- und Niederdeutsch).

Die Geschichte zeigt, dass selbst massive Beeinflussungen durch andere Sprachen diese zwar verändern, aber nicht zerstören (z.B. Schlobinski 2001; Barbe 2004; Spitzmüller 2009). Ein drastisches Beispiel sind die romanischen Sprachen, die durch die starke Einflussnahme des Lateinischen auf existierende Regionalsprachen während der römischen Besatzung entstanden. Übernommen wurden in den eroberten Gebieten, von kulturellen Einflüssen ganz abgesehen, nicht nur Vokabeln, sondern auch Alphabet, Wortbildungsmechanismen, Satzstellung und vieles mehr. Vom Aussterben bedroht ist in diesem Beispiel lediglich die lateinische Sprache. Und zwar nicht durch schädigenden Sprachgebrauch und daraus folgendem Verfall, sondern durch das genaue Gegenteil: Dadurch, dass es nicht mehr gesprochen wird. Immer kleiner wird der Anwendungsbereich von Latein, es ist keine lebende Erstsprache mehr und erhält keine lebenswichtigen neuen Impulse, weder von innen (z.B. Jugendsprache oder neue Wörter für neue Erfindungen) noch von außen (z.B. Fremdwörter).

Selbst die Académie française, die gerne von puristisch argumentierenden Menschen als erfolgreiche Verteidigerin einer reinen Sprache genannt wird, nimmt Fremdwörter ganz offiziell in den französischen Wortschatz auf. Allerdings nur, wenn diese eine neue Bedeutungskomponente liefern. Die seit Jahrzehnten heraufbeschworene Anglizismenflut hat uns Deutschsprechenden tatsächlich nachzählbar weniger englische Fremdworte beschert, als der Einfluss des Französischen im 17. und 18. Jahrhundert uns ‚welsches‘ Vokabular brachte (Polenz 1994, 5.4.).

Ästhetik ist subjektiv – und ebenfalls wandelbar

Vielbeschworene sprachliche Logik, Reinheit und Schönheit lassen sich allenfalls für die Sprachverwendung Einzelner oder für spezifische Texte und auch das nur nach jeweils eng definierten Regeln in Anspruch nehmen. Ein Poetry Slam als neue, mündliche Form wird selten Beiträge in Sonettform haben, folgt aber trotzdem eigenen Regeln. Gemacht werden solche Regeln jeweils von einer bestimmten Gruppe und nur für bestimmte sprachliche Bereiche. Ästhetik folgt weniger objektiv messbaren Werten, als sie dem Zeitgeschmack geschuldet und damit ebenso wandelbar wie die Sprache selbst ist. Im 17. Jahrhundert wurde das ‚Meißnische‘ als vorbildliche Sprachvarietät von Gelehrten dringend empfohlen (Lange 2008). Dreihundert Jahre später rangiert das aus diesem hervorgegangene Sächsische oft weit unten in Umfragen nach der Beliebtheit regionaler Aussprachen (Hoberg et al. 2008). 

Angst vor Sprachverfall ist ein Konstrukt, das gerne politisch ausgenutzt wird

Schon bei diesen wenigen Ausführungen zur Variabilität von Sprache und angesichts von Beispielen wie der Runenschrift (links- statt rechtsläufig) sowie dem Bratkartoffelverhältnis (innerhalb von einem Jahrhundert entstanden, gewandelt, fast vergessen) stellt sich eine Vorahnung von der Enormität von Sprachwandel ein. Das ist eine überwältigende Vorstellung und wir alle ziehen es im Alltag schon deswegen vor, Sprache als etwas Konstantes und Homogenes zu sehen, weil dies – ebenso wie Stereotype (Lieboldt 2021; Lautenschläger 2022) – eine Arbeitserleichterung darstellt. Dieses Bedürfnis wird gerne politisch genutzt und das Bild von Sprache als ‚unwandelbares Kulturgut‘, das bedroht ist und deshalb verteidigt werden muss, wird in medialen Debatten oft heraufbeschworen. 

Ängste zu schüren ist ein geläufiges rhetorisches Mittel und dementsprechend gibt es immer wieder Warnungen vor Sprachverfall und Aufrufe zum Sprachschutz. Gerne verbunden wird dies mit emotionsgeladenen metaphorischen Darstellungen von Sprache als bedrohte Pflanze, schwache Kreatur oder verwundbare Person. Dieses Schüren von Sprachverfallsangst hat aber rein soziale und politische Hintergründe, so etwa, wenn bestimmte Gruppen als Ursache für den angeblichen Sprachverfall angegeben und so (explizit oder indirekt) ein Feindbild aufgebaut wird (Näheres s. Lobin 2021).

Wir hoffen, an den verschiedenen Beispielen und durch die Beschreibung der Vielschichtigkeit von Sprache gezeigt zu haben, dass Sprachwandel ganz natürlich ist. Entgegen immer wieder auftauchenden Sprachverfallsängsten ist dieser Sprachwandel keine Schwäche, sondern eine unabdingbare Qualität von Sprache, da Flexibilität die Vorbedingung für Anpassung der Sprache an die ständig variierenden menschlichen Umstände ist. Nur durch sprachliche Anpassungsfähigkeit ist gewährleistet, dass wir in einer sich wandelnden Umwelt, in verschiedensten Kontexten, im Gespräch mit ständig anderen Personen und mit unterschiedlichen Zielen (etwa Information, Humor, Soziales) miteinander kommunizieren können. Ihre Wandelbarkeit ist genau die Eigenschaft, die Sprachen vor dem Aussterben bewahrt. Sie beruht auf der gleichzeitigen Verfügbarkeit verschiedener Optionen, wie verschiedenem Vokabular oder unterschiedlichen Möglichkeiten, sich auf Geschlecht zu beziehen.

Darstellungen von Sprache als homogen oder monolithisch und Entwürfe von Sprachverfallsszenarien gehen somit an der sprachlichen Realität vorbei und sind nicht nur unwissenschaftlich, sondern absurd. Gleiches gilt für die Warnungen vor Fremdwörterfluten. Sie sind politisch motiviert und verfolgen entsprechende Zielsetzungen.

Bibliographie

Barbe, Katharina. 2004. „The Role of Anglicisms in the German Language.“ In: Die Unterrichtspraxis / Teaching German 37(1), 26–38.

Ejikhine, Olga. 2006. Beim Wort genommen: der Sprachführer durch die Welt der Redewendungen. Digitalis Books.

Hoberg, Rudolf et al. (Hgg.) 2008. Wie denken die Deutschen über ihre Muttersprache und über Fremdsprachen? Eine repräsentative Umfrage der Gesellschaft für deutsche Sprache. Wiesbaden: GfdS.

Keller, Rudi. 2004. „Ist die deutsche Sprache vom Verfall bedroht?“ Rede an der University of California, Davis. URL: https://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/uploads/media/Sprachverfall.pdf [letzter Aufruf 26.06.2023]

Kluge, Friedrich. 2012. Kluge Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin u. a: W. de Gruyter. https://doi.org/10.1515/9783110223651 

Küpper, Heinz. 1987. Pons Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. Stuttgart: Klett.

Lobin, Henning. 2021. Sprachkampf. Berlin: Dudenverlag.

Lange, Maria B. 2008. Sprachnormen im Spannungsfeld schriftsprachlicher Theorie und Praxis. Die Protokolle der Commerzdeputation Hamburg im 17. Jahrhundert. Berlin, New York: W. de Gruyter.

Mell, Ruth und Kathrin Hein. 2013. „Sprachverfall oder Sprachdynamik? – Ein Plädoyer für den Sprachwandel.“ In: Sprachreport 29 (2013), 3, 10−16.

Mrozek, Bodo. 2005. Lexikon der bedrohten Wörter. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag.

Plewnia, Albrecht/Witt, Andreas/Institut für Deutsche Sprache (Hgg.). 2014. Sprachverfall? Dynamik, Wandel, Variation. Berlin u. a: W. de Gruyter. (= Institut für Deutsche Sprache Jahrbuch 2013).

Polenz, Peter von. 1994. Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Band 2. Berlin, New York: W. de Gruyter.

Schmidt, Wilhelm. 2000. Geschichte der deutschen Sprache. 8. Auflage. Stuttgart: S. Hirzel Verlag.

Schlobinski, Peter. 2001. „Anglizismen im Internet.“ In: Stickel, Gerhard (Hg.): Neues und Fremdes im deutschen Wortschatz. Berlin/New York: W. de Gruyter, 239–257. https://doi.org/10.1515/9783110622669-013 

Spitzmüller, Jürgen. 2009. „Armes“ Deutsch - „reiche“ Sprache. Linguistische Überlegungen zur ’Denglisch’-Debatte. In: Der Deutschunterricht, 61(5):35-43. https://doi.org/10.5167/UZH-25187 

 

Internetquellen

Lautenschläger, Sina (2022): Geschlechtsspezifische Stereotype im Sprachgebrauch. In: Sprache und Gendern.de. https://www.sprache-und-gendern.de/beitraege/geschlechtsspezifische-stereotype-im-sprachgebrauch [26.06.2023]

Lieboldt, Stephanie (2021): Genderstereotype und Adjektive. In: Sprache und Gendern.de. https://www.sprache-und-gendern.de/beitraege/genderstereotype-und-adjektive [26.06.2023]

Wikipedia Stichwort Wilde Ehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Wilde_Ehe#Bratkartoffelverhältnis [26.06.2023] 

Lange, Maria B., Lieboldt, Stephanie, Politt, Katja. 2021. Gender(un)gerechte Sprache. Ein Beitrag zum November der Wissenschaft 2021. OER, CC-BY-SA 4.0. https://padlet.com/GenderstereotypeDigital/wfvtsozx389md2sl [26.06.2023]


Zur Übersicht der Beiträge