Denken – Sprechen – Gendern
Am 10. und 11. Oktober 2019 fand im Leibnizhaus in Hannover die Tagung „Denken – Sprechen – Gendern“ statt. Eingeladen hatten Wissenschaftler*innen der Leibniz Universität Hannover und der Medizinischen Hochschule Hannover, die in dem gemeinsamen interdisziplinären Forschungsprojekt „Geschlechtergerechte Sprache in Theorie und Praxis“ seit 2017 verschiedene Aspekte dieses Themas aus linguistischer, phoniatrisch-psycholinguistischer und juristischer Perspektive bearbeiten. Gefördert wird dieses bis 2020 laufende Projekt durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur und die VolkswagenStiftung.
Der Einladung zur Tagung waren über siebzig Teilnehmende aus ganz Deutschland gefolgt. Vertreten waren unter anderem Lehrende und Studierende verschiedener Forschungsbereiche, Gleichstellungsbeauftragte, Vertreter*innen von Ministerien, Beschäftigte unterschiedlichster Bereiche städtischer Verwaltung, Unternehmer*innen der freien Wirtschaft sowie Privatpersonen. Eröffnet wurde die Tagung mit persönlichen Grußworten von Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Epping, Präsident der Leibniz Universität Hannover, Prof. Dr. med. Michael P. Manns, Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover, Dr. Barbara Hartung vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur sowie Dr. Vera Szöllösi-Brenig von der VolkswagenStiftung, die in ihren Ansprachen die gesellschaftliche Bedeutung des Tagungsthemas würdigten und an die jeweiligen Fachbereiche appellierten, mit ihrer weiteren Arbeit Beiträge zum besseren Verständnis der wissenschaftlichen Forschungsinhalte und deren weitere Vermittlung – auch über Fachkreise hinaus – zu leisten. Den Grußworten folgte eine Einführung in das Thema der Tagung, indem die jeweiligen Leitungen (Prof. Dr. Gabriele Diewald, Leibniz Universität Hannover; Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf, LL.M., Leibniz Universität Hannover; Prof. Dr. med. Dr. med. h.c. Martin Ptok, Medizinische Hochschule Hannover) die drei Teilprojekte des Projektes „Geschlechtergerechte Sprache in Theorie und Praxis“ und deren Forschungsinteressen und -schwerpunkte kurz darstellten.
An den beiden Veranstaltungstagen referierte nicht nur die Leiterin des Forschungsprojektes, Prof. Dr. Gabriele Diewald über ihre Arbeit (Titel des Vortrages: „Das Gewicht der Sprache für gesellschaftliche Veränderungen“), sondern es referierten auch einige der Projektmitglieder. Tabea Tiemeyer hielt aus psycholinguistischer Sicht den Vortrag „Lasmuel ist emotional, Mulenie handwerklich begabt – Sprachliche Aktivierung von Geschlechtsstereotypen und ihre Beständigkeit“, eine sozialwissenschaftliche Perspektive lieferte Christine Ivanov mit ihrem Beitrag „Zwischen Vorbildfunktion und ‚ideologischer Verwirrung‘ – geschlechtergerechte Sprache an Hochschulen“ und die Juristin Annelie Bauer teilte ihre Überlegungen zur Frage „Geschlechtergerechte Sprache und Grundgesetz – (Wie) Hängt das zusammen?“ mit.
Weitere Höhepunkte der Tagung waren die Vorträge der geladenen Gäste: Prof. Dr. Sabine Sczesny von der Universität Bern sprach als Sozialpsychologin über „Anti-Diskriminierung durch geschlechtergerechte Sprache?“ und aus korpuslinguistischer Perspektive berichtete Dr. Sina Lautenschläger von der Universität Kassel über „Frivole Frauen und exhibitionistische Männer: Geschlechtsspezifische Stereotype im Sprachgebrauch“. Dr. Claudia Posch von der Universität Innsbruck analysierte aus argumentationsanalytischer Sicht die Kritik an geschlechtergerechter Sprache in ihrem Beitrag „Den Leser durch gekünsteltes Wortgut irritieren … Rhetorische Figuren und Argumentation in der österreichischen Debatte um die Normierung antidiskriminierender Sprache“. Zu Fragestellungen aus dem Bereich Recht äußerte sich Dr. Louis Kasten, Mitwirkender an der Kampagne „Dritte Option“, in seinem Beitrag „m/w/d – geschlechtergerechte Sprache jenseits von männlich und weiblich“ und Dr. Torsten von Roetteken, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht a. D., sprach über die „Vorgaben zur Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache im BGleiG und AGG“. Alle Beiträge sind untenstehend kurz zusammengefasst.
Der mit großem Interesse erwartete Vortrag von Dr. Pascal Gygax von der Université de Fribourg „Gender-fair language: useless or necessary? A psycholinguistic perspective“ musste leider kurzfristig entfallen. Das Forschungsteam von „Geschlechtergerechte Sprache in Theorie und Praxis“ plant derzeit, Pascal Gygax für 2020 nach Hannover einzuladen, um den versäumten Austausch nachzuholen. Hierüber wird auf der Webseite von Gabriele Diewald informiert werden.